Eigenbedarf nach Zwangsversteigerung
vs. Kündigungsverzicht
(ho)
E ersteigert die von Mieter M gemietete Wohnung. Sofort danach kündigt
E wegen Eigenbedarfs. M verweist auf den gemeinsam mit dem bisherigen
Eigentümer und Vermieter erklärten Verzicht auf eine Kündigung
wegen Eigenbedarfs im Mietvertrag. V klagt auf Räumung.
Der BGH gibt der Räumungsklage statt (BGH, Urteil
vom 15.9.2021 - VIII ZR 76/20, juris).
Erfolge die Kündigung zeitlich fristgerecht nach der Vorgabe von
§ 57 a Satz 2 ZVG („Die Kündigung ist ausgeschlossen,
wenn sie nicht für den 1. Termin erfolgt, für den sie zulässig
ist“), so sei der Ersteigerer an den vertraglich vereinbarten
Kündigungsverzicht mit dem Voreigentümer nicht
gebunden. Zwar trete der Ersteigerer gemäß §§
57 ZVG, 566 BGB in das zwischen dem Voreigentümer und dem Mieter
bestehende Mietverhältnis ein, doch wirkten sich mietvertragliche
Kündigungsausschlüsse oder Kündigungsbeschränkungen
auf das gesetzliche Sonderkündigungsrecht des Ersteigerers
nicht aus.
Das Sonderkündigungsrecht nach § 57 a ZVG zähle
zu den gesetzlichen Versteigerungsbedingungen und sei Bestandteil des
Eigentumserwerbs.
Durch den Zuschlag zu den gesetzlichen Versteigerungsbedingungen erhalte
der Ersteher die öffentliche Gewähr, dass er dieses Sonderkündigungsrecht
ohne Rücksicht auf besondere schuldrechtliche Gestaltungen ausüben
dürfe; die öffentlich-rechtlichen Vorschriften des Zwangsversteigerungsgesetzes
überlagerten das Zivilrecht (Entscheidungsgründe Rn. 29 ff,
insbesondere Rn. 31; ebenso: BGH, Urteil vom 30.10.2013 - XII ZR 113/12;
BGH, Urteil vom 11.3.2009 - VIII ZR 83/08, juris Rn. 16 mit weiteren Nachweisen;
Stöber/Gojowczyk, Kommentar zum Zwangsversteigerungsgesetzes, zweien
20. Aufl., § 57 a ZVG Rn. 34).
© Dr. Hans Reinold Horst
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