Wohnungseigentum: Verwalter
vom Gericht „frei Haus“ geliefert?
(ho)
Muss eigentlich eine Wohnungseigentümergemeinschaft einen Verwalter
haben? So wird man oft gefragt. Die Antwort lautet „nein“,
solange alle mit dem bestehenden Zustand zufrieden sind. Allerdings hat
jeder Wohnungseigentümer unter den Maßgaben von §§
18 Abs. 2, 19 Abs. 2 Nr. 6 WEG gegen die Gemeinschaft den Anspruch, dass
sie die Einsetzung eines zertifizierten Verwalters (§ 26 a WEG) beschließt.
Soweit so klar. Wie verhält es sich aber, wenn man sich partout nicht
auf einen Verwalter einigen kann? Dazu der folgende Fall:
Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer besteht aus 3 Einheiten.
Der Eigentümer, der die Mehrheit hat, verweigert die Bestellung eines
neuen Verwalters. Bis zum Jahre 2002 übte er den Verwalterposten
selbst aus. Das gestaltete sich aber wohl auch aufgrund persönlicher
Differenzen und Eigenschaften extrem schwierig. Deswegen wurde in den
Folgejahren ein externer Verwalter bestellt. Aufgrund seines Stimmrechtsgewichts
wählte der Mehrheitseigentümer - nennen wir ihn Q - den bestellten
Verwalter jedes Mal wieder ab, so zuletzt im Dezember 2022. Aktuell gibt
es keinen neuen Verwalter; Jahresabrechnung und Wirtschaftsplan sind nicht
aufgestellt, eine Versammlung nicht terminiert. Fragen der Benutzung sowie
Sanierungsaufträge können nicht umgesetzt werden. Die übrigen
Eigentümer fragen nach dem Vorgehen.
Zunächst ist zu einer Eigentümerversammlung zu laden, zu der
mit der Prioritätenfolge in § 24 Abs. 3 WEG ermächtigt
einzuberufen ist (dazu: OLG Karlsruhe, Beschluss vom 12.9.2022 - 11 T
17/22, ZWE 2023, 96). Gegebenenfalls muss mit einer Beschlussersetzungsklage
auf gerichtliche Ermächtigung zur Einberufung einer Eigentümerversammlung
zur Bestellung eines Verwalters gearbeitet werden.
Auf die Tagesordnung gehört mit entsprechenden Vergleichsangeboten
der TOP „Wahl und Bestellung eines Verwalters, Abschluss des Verwaltervertrags“.
Dabei setzt die Wahl eines Verwalters die ordnungsgemäße Information
der Eigentümer über die Angebote voraus (AG Offenbach, Urteil
vom 10.12.2021 - 310 C 43/21, ZMR 2023, 118).
Kommt keine Einigung zustande, ist an gerichtliche Hilfe zu denken. Dafür
ist wie gesagt notwendig, dass sich die Eigentümergemeinschaft bereits
mit dem Thema vorab befasst hat.
In Fällen dringender Eilbedürftigkeit kann sogar eine einstweilige
Verfügung auf Bestellung eines Verwalters für eine zerstrittene
und verwalterlose WEG beantragt werden. Eine besondere Eilbedürftigkeit
als Verfügungsgrund ist hier unabdingbar (LG Frankfurt, Beschluss
vom 10.5.2022 - 2-13 T 26/22, ZWE 2022, 265).
Im Hauptsacheverfahren kommt eine Beschlussersetzungsklage infrage (§
44 Abs. 1 Satz 2 WEG; LG Frankfurt/Main, Beschluss vom 6.2.2023 - 2-13
T 7/23, WuM 2023, 180). Das Gericht würde dann in diesem Klageverfahren
den verweigerten Beschluss innerhalb der Gemeinschaft auf die Bestellung
eines Verwalters ersetzen. Dazu benötigt das Gericht die Entscheidungsgrundlagen.
So ist es zum Beispiel nicht seine Aufgabe, einen geeigneten Verwalter
ausfindig zu machen. Es genügt aber, wenn dem Gericht mindestens
ein konkretes Angebot vorliegt (so: Küttner, ZMR 2021, 285).
© Dr. Hans Reinold Horst
News/Presse
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