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Unerlaubte Untervermietung: Videobeweis nicht verwertbar(ho) Vermieter V verdächtigt Mieter M, seine 5-Zimmerwohnung unerlaubt unterzuvermieten. Um M und seinem Untermieter „in flagranti“ erwischen zu können, beauftragt er einen Privatdetektiv. Der Detektiv bringt gegenüber der Wohnungseingangstür eine versteckte Videokamera an. Die Kamera macht über vier Wochen Aufzeichnungen. Darauf ist zu sehen, dass eine Person, die nicht mit dem Mieter identisch ist, immer wieder mit dem Schlüssel die Wohnungstür öffnet und eintritt. Gesicht, Kleidung und Wohnungseingang können dokumentiert werden. V kündigt daraufhin außerordentlich und ordentlich und klagt gegen M auf Räumung. M hält einen Vergleich mit „Stasimethoden“ für angebracht, tritt der Räumungsklage entgegen und verlangt überdies eine Geldentschädigung wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts. Der BGH verwirft die Räumungsklage (BGH, Urteil vom 12.3.2024 - VI ZR 1370/20, FD-MietR 2024, 813872 = BeckRS 2024, 14074 = WuM 2024, 388 ff = IMR 2024, 350). Ein Räumungsanspruch gemäß §§ 546 Abs. 1, 985 BGB bestehe nicht; die ausgesprochene Kündigung sei unwirksam. Der Kündigungsgrund (unbefugte Nutzung der Wohnung) könne nicht berücksichtigt werden. Die heimlich angefertigten Videoaufnahmen seien als Beweismittel nicht verwertbar (§ 286 ZPO; zur ausnahmsweise möglichen Verwertbarkeit rechtswidrig erlangter heimlicher Videoaufnahmen: LG Essen, Beschluss vom 6.11.2023 - 10 S 122/23, IMRRS 2023, 1557 = IMR 2024, 236). Denn die heimlich angefertigten Aufnahmen verstießen als personenbezogene Daten gegen den Datenschutz. Die Bilder seien im nicht öffentlichen Raum hergestellt worden. Denn auch das Treppenhaus eines Wohnhauses sei nicht öffentlich zugänglich. Niemand müsse deshalb damit rechnen, dort gefilmt zu werden. Auf berechtigte Interessen könne sich V nicht berufen. Denn er hätte Nachbarn befragen oder den Versuch, zum Schein anzumieten, unternehmen lassen können. Auch der Vergleich von Vermieter V mit der Stasi habe eine Kündigung nicht stützen können. Denn diese Äußerung des M sei als Meinungsäußerung von dem Grundrecht der Meinungsfreiheit gedeckt; sie sei auch als Wahrnehmung rechtmäßiger Interessen einzuordnen (§ 193 StGB) und deshalb nicht rechtswidrig. Die eingeklagte Geldentschädigung für M versagt der BGH. Mit dem Urteil, dass die Rechtswidrigkeit der heimlichen Videoüberwachung feststellt, sei die Genugtuungsfunktion ausreichend Rechnung getragen (zum Einsatz einer heimlichen Videoüberwachung bei ständig mutwilligen Beschädigungen im Haus: AG München, Beschluss vom 1.2.2023 - 171 C 11188/22, juris – unzulässig; zur ausnahmsweise für berechtigt gehaltenen Anfertigung eines Handy-Videos: AG Köpenick, Urteil vom 7.1.2022 - 2 C 33/21, ZMR 2023,551; zur zivilrechtlichen Komponente eines unerlaubten Filmens und Fotografierens vergleiche AG Mainz, Urteil vom 26.2.2021 - 86 C 286/18, IMR 2021, 419 - Ansprüche auf Unterlassung und Schadensersatz). © Dr. Hans Reinold Horst |