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Wohnungsmiete: Klage auf künftige Räumung möglich?
Es gibt aber auch Fälle, in denen man bereits früher klagen kann. Bei gewerblichen Mietverhältnissen kann Klage auf künftige Räumung schon dann eingelegt werden, wenn das Vertragsende zum Beispiel durch eine fristlose oder fristgerechte Kündigung oder durch eine von Anfang an getroffene Befristungsabrede nach dem Kalender vordefiniert ist, also klar ist, dass und wann der Vertrag endet (§ 257 ZPO). Dies gilt auch für die Klage auf künftige Zahlung, wenn die Geldforderung nicht von einer Gegenleistung abhängt und klar ist, wann sie fällig wird. Bei der Wohnraummiete muss hinzukommen, „dass den Umständen nach die Besorgnis gerechtfertigt ist, dass der Schuldner sich der rechtzeitigen Leistung entziehen werde“ (§ 259 ZPO). Das bedeutet also, dass auch bei Wohnraummietverhältnissen eine Klage auf künftige Zahlung oder auf künftige Räumung unter den gesetzlichen Voraussetzungen möglich ist. Wie ist es nun im Falle einer erklärten Kündigung,
gegen die der Wohnungsmieter Widerspruch erhebt, ohne die Kündigung
selbst und damit seine Pflicht zur Räumung und Herausgabe der Wohnung
zu bestreiten? Der BGH hilft ihm (BGH, Beschluss vom 25.10.2022 - VIII ZB 58/21, NJW 2022, 3778 ff). Mieter M müsse die Verfahrenskosten tragen (§ 91 a Abs. 1 Satz 1 ZPO). Denn § 259 ZPO erlaube dem Vermieter eine Klage auf zukünftige Räumung, auch wenn der Räumungsanspruch zum Zeitpunkt der Klageeinreichung noch nicht fällig sei. Die Vorschrift gebe ein vorzeitiges Klagerecht, wenn der Mieter eindeutig erkennen lasse dass er gegenwärtig und bei unverändert bleibender Situation, nämlich der weiteren Erfolglosigkeit seiner Suche nach einer neuen Wohnung, auch im Zeitpunkt der Beendigung des Mietverhältnisses nicht zu einem Auszug aus der Wohnung der Kläger bereit sei (so wörtlich Rn. 15 der Entscheidungsgründe). Nicht zu folgen sei der auch in der Instanzrechtsprechung und der Literatur vertretenen Auffassung, eine Klage auf vorzeitige Räumung nach § 259 ZPO setze voraus, dass der Mieter durch ein ernstliches Bestreiten des Kündigungsgrundes eindeutig zu erkennen gebe, dass er zu einer fristgerechten Räumung nicht gewillt sei. Dies aber könne in einem Widerspruch, gegründet rein auf die Erfolglosigkeit bisheriger Wohnungssuche, nicht gesehen werden (vergleiche zum Streitstand Rn. 16 der Entscheidungsgründe mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung und zur Literatur). Deutlich artikuliert der BGH, ein „Sich-Entziehen“ des Schuldners hinsichtlich seiner Leistungspflicht sei auch dann „zu besorgen“, wenn der Mieter deutlich gemacht habe, er werde wegen Erfolglosigkeit der Suche einer neuen Wohnung weiter in der bisherigen Wohnung verbleiben. Denn eine regelrechte „Böswilligkeit des Schuldners hinsichtlich der geltend gemachten Leistungspflicht“, zu verstehen als Erschwerung oder als Hintertreibung der Erfüllung der Gläubigerforderung, sei für eine Klage auf künftige Räumung nicht notwendig (Rn. 19 der Entscheidungsgründe, mit weiteren Nachweisen). Schließlich komme es nicht darauf an, ob sich der Mieter berechtigt sehen durfte, seinen Auszug zu verweigern (Rn. 21). © Dr. Hans Reinold Horst |