Untermiete: Auch bei
einer Einzimmerwohnung möglich?
(ho)
Untervermietung einer Einzimmerwohnung? Eigentlich ein Paradoxon: denn
gesetzlich wird die Untervermietung einer Wohnung verstanden
als die teilweise Überlassung der Mieträume
(§ 553 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die vollständige Überlassung
der Wohnung stellt keine Untervermietung dar, sondern eine völlige
Gebrauchsüberlassung, die rechtswidrig ist (§
540 Abs. 1 Satz 1 BGB).
Die Frage also:
Kann auch eine ein Raumwohnung teilweise an einen Untermieter zulässig
zum Wohnen überlassen werden, oder liegt dann immer eine verbotene
völlige Gebrauchsüberlassung vor?
Der BGH hält eine Untervermietung auch im Falle einer Einraumwohnung
für möglich (Urteil vom 13.9.2023 - VIII ZR 109/22,
PM Bundesgerichtshof Nr. 158/2023), dies in folgendem Fall:
M, Mieter einer Einzimmerwohnung, bittet Vermieter V anlässlich seines
bevorstehenden beruflichen Auslandsaufenthaltes um die Gestattung der
Untervermietung für 18 Monate. V sieht darin eine vollständige
Überlassung der Wohnung und lehnt ab. M klagt auf Erteilung der Erlaubnis.
Der BGH hilft ihm.
Die Begründung:
§ 553 Abs. 1 BGB formuliere mit der teilweisen Überlassung von
Wohnraum zur Untervermietung weder quantitative noch qualitative Vorgaben
bezüglich einer weiteren Nutzung durch den Hauptmieter. Deshalb sei
der Vorschrift Genüge getan, wenn der Mieter den Gewahrsam an dem
Wohnraum zum Beispiel durch den Einbehalt eines Wohnungsschlüssels
nicht vollständig aufgibt. Davon könne auch bei Einraumwohnung
ausgegangen werden, wenn der Hauptmieter noch persönliche
Gegenstände in der Wohnung in Bereichen zurücklässt,
die seiner alleinigen Nutzung vorbehalten sein sollen
und die gegen den Zugriff des Untermieters gesichert sind.
Nachzutragen ist:
Wer nun nach der Lektüre dieser Entscheidung an eine „Steilvorlage
und Gebrauchsanweisung“ für eine dann nicht anfechtbare ständig
kurzzeitige Vermietung an Feriengäste zum Beispiel
über „Airbnb“ oder „booking.com“ und andere
vergleichbare Portale glaubt, muss sich getäuscht sehen. Denn die
kurzzeitige Vermietung von Wohnraum kann einem Zweckentfremdungsverbot
bei entsprechender gewerblicher Gewinnerzielungsabsicht widersprechen
(OVG NRW, Beschluss vom 24. 10. 2022 - 14 B 856/22, WuM 2023, 230; OVG
Brandenburg, Beschluss vom 30. Mai 2016 - OVG 10 S 34.15, juris) und auch
Vorgaben des Bauplanungsrechts widersprechen. Denn grundsätzlich
kann die Nutzung von Immobilien als Ferienwohnungen auch in einem allgemeinen
Wohngebiet (§ 13 BauNVO) gegen das bauplanungsrechtliche Gebot der
Rücksichtnahme verstoßen (VG Berlin-Brandenburg, Beschluss
vom 21.2.2014 - 13 L 274.13, juris). Dann kann die weitere Nutzung als
Ferienwohnung gerichtlich untersagt werden.
Betreiber digitaler Vermietungsplattformen im Internet können von
den betreffenden Kommunen auch zur Auskunft über die Daten der vermittelten
Wohnungsanbieter herangezogen werden (VG München, Urteil vom 12.12.2018
- M 9 K 18.4553, juris; ebenso zuvor: VG Berlin, Urteil vom 14.3.2018
- 6 K 676.17, juris).
Schließlich können auch Probleme mit der Gebäudeversicherung
entstehen. Denn die ständig kurzzeitige Vermietung wird üblicherweise
als selbstständig anzuzeigende „Gefahrerhöhung“
(§§ 23, 28 VVG) betrachtet mit der Folge nicht mehr gesicherter
Deckungszusagen im Schadensfalle.
Aus all diesen Sachzusammenhängen erhebt sich dann die Frage, ob
für den Vermieter bei ständiger kurzzeitiger Weitervermietung
durch den Mieter mit gewerblicher Gewinnerzielungsabsicht die Fortsetzung
des Hauptmietverhältnisses noch zumutbar erscheint, oder aber mit
diesem Grund zur verhaltensbedingten Kündigung berechtigt
(§§ 543 Abs. 1, 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB); dies obwohl der BGH jetzt
für einen sehr weiten Anwendungsbereich der Regeln zur zulässigen
Untervermietung eingetreten ist. Nach der hier vertretenen Auffassung
kann zumindest nach erfolgloser Abmahnung gekündigt werden.
Besonderheiten gelten für Asylanten- und Flüchtlingsunterkünfte
(§ 246 Abs. 9 BauGB). Danach ist zunächst die Unterbringung
von Flüchtlingen oder Asylanten nur zulässig, soweit die öffentliche
Hand ihrer Unterbringungsverantwortung nachkommen will. Das Bundesverwaltungsgericht
erkennt Vorhaben privater Bauherren bzw. privater Eigentümer nur
dann als begünstigt an, wenn sie abgestimmt mit der öffentlichen
Hand errichtet werden oder wenn zumindest vergleichbar gesichert ist,
dass sie der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben dienen werden (BVerwG,
Urteil vom 21.2.2019 - 4 C 9/18, juris; vgl zur Aufnahme einer geflüchteten
Ukrainerin aus humanitären Gründen: LG Berlin, Urteil vom 6.6.2023
- 65 S 39/23, FD-MietR 2023, 458618).
© Dr. Hans Reinold Horst
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