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Nachbarrecht: Meine Leitung, deine Leitung?

Haus - Copyright Sylvia Horst(ho) Auf zwei getrennt parzellierten Grundstücken steht je eine Doppelhaushälfte. Die Gebäude grenzen aneinander. Das Grundstück von Nachbar A wird über das Grundstück von Nachbar B entwässert. Es kommt zum Rückstau durch eingewachsene Wurzeln in der Abwasserleitung. Daraufhin fordert B seinen Nachbarn A dazu auf, künftig kein Abwasser mehr in seine Leitung einzuleiten, und die zuführende Leitung wegzunehmen. A folgt dem nicht, B klagt auf Unterlassung.

Das Berufungsverfahren gewinnt B (OLG Karlsruhe, Urteil vom 6.3.2025 - 12 U 130/24, BeckRS 2025, 3321 = IMR 2025, 295 = MDR 2025, 857). Der Klageanspruch ergebe sich aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB. Eine Pflicht zur Duldung der fremden Abwasserleitung auf dem eigenen Grundstück gemäß § 1004 Abs. 2 BGB greife nicht. Denn mangels Eintragung im Grundbuch sei eine dingliche Berechtigung zur Leitungsführung über das Grundstück, zum Beispiel als Dienstbarkeit, nicht entstanden.
Auch § 7f NRG-BW führe nicht zu einer Duldungspflicht. Denn das Grundstück des beklagten A grenze direkt an eine öffentliche Straße, in der auch öffentliche Versorgungsleitungen liegen.
Schließlich könne ein Duldungsanspruch nicht aus einer gemeinsamen Planung und Gestaltung sowie Ausführung der Abwasserführung zwischen dem Kläger und dem Vater des Beklagten abgeleitet werden. Denn eine etwaige rein schuldrechtlich wirkende Vereinbarung sei eben nur mit dem Vater zustande gekommen, berechtige A als dessen Sohn folglich nicht. A sei eben kein Vertragspartner. Deshalb könne offenbleiben, ob in der Abrede zumindest eine konkludent erklärte Gestattung der Abwasserführung liegen könnte.
Schließlich ergebe sich die Pflicht zur Duldung der Leitung auch nicht aus dem nachbarrechtlichen Rücksichtnahmegebot (§ 242 BGB). Denn die Annahme solcher Pflichten stelle eine Ausnahme dar. Dies käme nur in Betracht, wenn ein billiger Ausgleich der widerstreitenden Interessen dringend geboten erscheine, der über die gesetzlichen Regelungen hinaus ginge. A könne sich aber auf eine besonders schutzwürdige subjektive Vertrauensstellung nicht berufen. Das sei allenfalls dann erwägenswert, wenn er beim Erwerb des Grundstücks die Leitungsführung gekannt und auf deren Fortbestand vertraut hätte oder wenn der Zustand über einen langen Zeitraum unangefochten bestanden hätte. Dies aber sei nicht vorgetragen worden. Ein subjektiver Vertrauensschutz sei deshalb nicht entstanden. Das nachbarliche Rücksichtnahmegebot hindere die Durchsetzung des Beseitigungsanspruchs nach § 242 BGB deshalb nicht.

Nachzutragen ist:

Die seinerzeit getroffene Vereinbarung zwischen dem Kläger und dem Vater des Beklagten hätte notariell beurkundet und im Wege einer Grunddienstbarkeit ins Grundbuch eingetragen werden müssen. Dann wäre auch der Sohn und heutige beklagte A als jetziger Grundstückseigentümer aus der Grunddienstbarkeit berechtigt.
Aufgrund der Lage des Grundstücks direkt an einer öffentlichen Straße mit Entwässerungskanal war auch ein sogenanntes Notleitungsrecht gemäß § 917 BGB analog (dazu BGH, Urteil vom 26.1.2018 - V ZR 47/17, IMR 2018, 304) nicht diskussionsfähig.

© Dr. Hans Reinold Horst

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