Menü/Datenschutz

Home > News/Presse > Räumungsschutz

Räumungsschutz: Kurz vor der Niederkunft

Paragraphen(ho) Einen Räumungsrechtsstreit als Vermieter zu gewinnen ist die eine Sache, im Rahmen der Zwangsvollstreckung dem Mieter dann aber auch aus den genutzten Räumen herauszubekommen, ist noch einmal etwas ganz anderes. Das gilt gerade im Wohnungsmietverhältnis. Denn hier hat der Mieter im Rahmen der Zwangsvollstreckung folgende Möglichkeiten (vgl. näher: Fritz, Räumung droht: Die Mieterschutzinstrumente in ihrem systematischen und praktischen Zusammenhang, NZM 2024, 87):

  • Er kann Vollstreckungsschutz beantragen (§§ 712,714 ZPO) wenn ihm durch die Zwangsvollstreckung ein unersetzlicher Nachteil drohen oder entstehen würde. Dabei muss der Nachteil irreversibel eingetreten sein.
  • Er kann beantragen, dass die Vollstreckung vorläufig eingestellt wird (§ 719, 707 ZPO), bis ein betriebenes Berufungsverfahren abgeschlossen ist.
  • Er kann eine Räumungsfrist beantragen (§ 721 ZPO), wenn Ersatzwohnraum noch beschafft und ein anstehender Umzug noch bewältigt werden muss. Bei der Entscheidung sind die Gegebenheiten des örtlichen Wohnungsmarktes sowie die wirtschaftlichen Möglichkeiten des Mieters mit zu berücksichtigen. Gemäß Abs. 3 der Vorschrift kann die Frist mit einem wiederholten Antrag verlängert werden, wenn sich „neue Umstände“ ergeben.
  • Er kann Antrag auf Vollstreckungsschutz stellen (§ 765 a ZPO), wenn es andernfalls durch die Vollstreckung zu einer Härte kommt, die sich für den Mieter als Vollstreckungsschuldner als unzumutbar erweist
  • Schließlich kann die zu räumende Wohnung zur Vermeidung von Obdachlosigkeit mit entsprechender Wiedereinweisungsverfügung für den Mieter öffentlich-rechtlich beschlagnahmt werden.

Für die Zwangsvollstreckung aus gerichtlichen Räumungsvergleichen gilt ergänzend § 794 a ZPO. Auch hier kann es zur Einräumung und zur Verlängerung von Räumungsfristen kommen.

Zur Annahme einer unzumutbaren Härte als Ergebnis der Räumungsvollstreckung nun ein Fall, der vor das Bundesverfassungsgericht getragen wird:

Ein Termin zur Räumung der Familienwohnung im Wege der Zwangsvollstreckung ist festgesetzt. Nach ihrer Räumung soll die Familie in eine Notunterkunft der Gemeinde in Container ziehen. Die kurz vor ihrer Niederkunft stehende Frau beantragt unter Vorlage eines Krankenhausberichts mit dem klaren Ausweis des bevorstehenden und notwendigen Kaiserschnitts Vollstreckungsschutz und moniert, die Notunterkunft sei ihr mangels ausreichender medizinischer und hygienischer Versorgung unzumutbar. Das AG versagt den Räumungsschutz; trotz des vorgelegten Krankenhausberichts bezweifelt das Gericht die Schwangerschaft, ohne diesen Umstand weiter aufzuklären. Und weiter: Angesichts der finanziellen Lage der Familie sei eine neuerliche Schwangerschaft auch geradezu fahrlässig. Eine Berufung auf staatliche Schutzpflichten entfalle deshalb. Die sofortige Beschwerde gegen diesen Beschluss führte bei Gericht nicht zu einem Umdenken. Losgelöst davon wendet sich die Frau mit einem isolierten Eilantrag an das BVerfG.

Das BVerfG. setzt die Zwangsvollstreckung für 6 Monate aus (BVerfG, Beschluss vom 18.5.2025 - 2 BvQ 32/25, FD-MietR 2025, 810011). Das AG verkenne, dass sich aus dem Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit die in Abrede gestellte staatliche Schutzpflicht ergebe. Würden drohende schwerwiegende Gesundheitsgefahren durch die Zwangsräumung substantiiert geltend gemacht, müsse das Vollstreckungsgericht aufklären. Ebenso sei die erforderliche Abwägung zwischen dem Räumungsinteresse des Vermieters und dem Interesse der Frau sowie ihrer Familie zu Unrecht unterlassen worden. Eine durch Zwangsräumung drohende Lebens- oder Gesundheitsgefahr führe zwar nicht automatisch zu einem Räumungsschutz, doch hätte das Vollstreckungsgericht auch nicht schematisch auf die Zuständigkeit der Ordnungsbehörden für den Schutz der Familie verweisen dürfen. Schließlich sei zu monieren, dass eine gerichtliche Prüfung zur Tauglichkeit der Notunterkunft mit Blick auf die Bedürfnisse der Frau nach der Entbindung sowie die Bedürfnisse des ungeborenen Kindes unterblieben sei.

© Dr. Hans Reinold Horst

News/Presse >>

Unsere Partner:

Beratungsverbund Solingen Logo Stadtwerke-Solingen Logo Architekten dph Lifta